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Governance & Compliance
Denkschrift Nr. 40
20.10.2020

Ohne Integrität kein Vertrauen

von Manfred Hoefle

 

 

Grundlagen einer gesellschaftsförderlichen Unternehmensführung

Fehlverhalten, das periodisch für Empörung sorgt, ist in der deutschen Wirtschaft häufiger und bedeutender geworden. Stichworte mögen genügen: Banken, Autobranche, Fleischindustrie, Finanzsektor.(1) Symptomatische Firmen sind West-/ Nord-/ Sachsen-LB, IKB, Hypo-Real Estate, CumEx, Volkswagen, Tönnies, Wirecard. Die Fälle sind verschieden, in einem entscheidenden Punkt aber gemein: die Abwesenheit von Integrität.

Viele folgenlose Fälle und viele Beteiligte

Obwohl der verursachte Schaden – man denke an die Finanzkrise von 2008 zurück – enorm war, kamen die Verursacher zu einem großen Anteil straflos davon; im Unterschied zu den USA.(2) Die Medien ergingen sich in aufgeregten Berichten und Kommentaren und überließen sie bald dem Vergessen. An frühzeitigen, eindringlichen Warnungen fehlte es von Seiten der sich wachsam gebenden Medien fast ausnahmslos, investigatives Recherchieren war selten, dagegen hat die schlagzeilenreiche Skandalberichterstattung immer Konjunktur. An den Business Schools bzw. BWL-Lehrstühlen wurden die Schattenseiten und ihre Ursachen nicht vertieft. Ein paar Ethikkurse mehr wurden abgehalten, meist unter Vermeidung von Bezügen zu Personen und Firmen. Nicht übertrieben ist die Feststellung, dass Managementschulen und BWL-Studiengänge bis heute keinen spürbaren moralisch-erzieherischen Beitrag zu verantwortungsvoller Unternehmensführung und zu breiter Akzeptanz der Sozialen Marktwirtschaft geleistet haben.(3)

Die Antwort der Politik war vorhersehbar. Dem Ruf nach schärferen gesetzlichen Regelungen und dem Stopfen von Lücken wurde bisweilen entsprochen. Von vermehrter Governance und Compliance war die Rede, also mehr Aufsicht und Kontrolle. Das Ganze kann unter „Kontroll-Inflation“ subsumiert werden als Reaktionsmuster der letzten Jahrzehnte. Überhaupt nicht gesprochen wurde von der Rolle der Paritätischen Mitbestimmung bei der Verhütung von Managerfehlverhalten. In gewissem Maße ist dies paradox: Über die Mitbestimmung erhält die Arbeitnehmerseite einen tiefen Einblick in das Unternehmen, gerade bei Unternehmen mit einem hohen Organisationsgrad wie bei VW. Und dennoch kam es zu schwerwiegenden Problemfällen, die die gesamte Belegschaft und die Aktionäre hart trafen. Aufs Neue zeigte sich, dass Funktionäre jedweder Gattung im Eigeninteresse handeln.

Dass die landläufig bekannten Top-Managementberater, vorneweg mit Abstand McKinsey, in den fehlgeleiteten Unternehmen, vor allem im Bankensektor engagiert waren, wurde von den Medien übergangen. Das Siegel strenger Vertraulichkeit hat sich als Selbstschutz bestens bewährt. Auch die Rolle der Wirtschaftsprüfer, der Big4, mit ihrem Dauermandat in Problemunternehmen, hat sich als fragwürdig erwiesen. Wenn sie bei aller Forensik und den vielen sophisticated analytical tools, deren sie sich rühmen, nicht in der Lage sind, Salden zweifelsfrei zu bestätigen, stellt sich die Frage nach dem Nutzen der immer aufwändigeren Rechnungsprüfung.(4) Dass die Haftungssummen eng begrenzt sind, ist ein weiteres Ärgernis. Die von der EU verfolge einfache Regel, Auditing und Consulting von der gleichen Firma bei einem Klienten zu untersagen, wurde von den Prüfungsgesellschaften boykottiert(5) - und die deutsche Politik hat klein beigegeben.

Keinen erkennbaren Beitrag zur ethischen Aufrüstung haben Managementkonzepte wie die vor Jahren von der UN und der EU dekretierte und in Mode gekommene Corporate Social Responsibility-Initiative (CSR) geleistet; sie waren eher kontraproduktiv, indem sie mithalfen, das Image des gemeinwohlbewussten Unternehmens herauszustreichen, auch wenn dieses absichtlich dagegen verstieß.(6) Der Verdacht liegt nahe, dass solche Managementansätze in erster Linie für Management und Berater „lohnend“ und gut für das Image sind.

Schlechtes Zeugnis für aufsichtsorgane und börsennotierte Unternehmen

Der jüngste Parade-„Fall“ eines Wirtschaftsverbrechens ist Wirecard, ein DAX-Hoffnungswert, der sich nach Durchsicht der Bücher durch den Insolvenzverwalter als buchstäblich substanzlos erwiesen hat.(7) Ein solch grandioses Kontrollversagen gleich mehrerer großzügig ausgestatteter Aufsichtsorgane über eine so lange Zeit ist mit der Ausrede krimineller Bilanztäuschung nicht entschuldbar. Parlamentarische Untersuchungsausschüsse können zwar mit großem zeitlichem Abstand systemische Aufsichtsmängel im Einzelnen nachvollziehen und Schuldige ausmachen wollen. Eine gründliche Besserung der Regulierung haben sie in der Regel nicht bewirkt.(8) Worauf es jedoch angekommen wäre, ist die feste Verankerung des Haftungsprinzips für alle direkt und indirekt Verantwortlichen. Dazu kam es nicht. Der Grund: Haftung ist mit privaten finanziellen Einbußen verbunden – und diese gilt es mit allen Mittel auszuschließen.(9)

Die Reaktion auf skandalöses Fehlverhalten in der Unternehmensführung ist bereits klassisch: keine bzw. schwache Sanktionierung bei gleichzeitiger Aufstellung vieler kleiner Verhütungsregeln.(10) Beleg dafür ist im Besonderen der Deutsche Corporate Governance-Kodex (DCGK), der mit Empfehlungen und Anregungen „gute Unternehmensführung“ herbeiführen will. Seine Wirkungslosigkeit wird regelmäßig wortreich überspielt. Mit derartigen Initiativen wird politische Handlungsfähigkeit insinuiert, was auch als „Durch- und Vorbeiwursteln“ bezeichnet werden darf. Die Schaffung eines an sich notwendigen klaren Reglements unterbleibt. Die Sache wird noch verkompliziert und die Zuständigkeit von Aufsichtsorganen undurchschaubarer, was Ausgefuchste ermuntert, Vorteile für sich herauszuholen. In dieser Hinsicht sind Wirecard und die gewucherten Ex-Cum-Geschäfte Lehrstücke der besonderen Art.

Die Beobachtung geht nicht fehl, dass sich der Zustand vor allem in börsennotierten Unternehmen gegenüber der Zeit vor der Finanzkrise verschlimmert hat.(11) Das wirft die Frage nach der Qualität des Rechtsstaates in diesem Unternehmenssegment auf. Der Blick in die USA zeigt zumindest eine umfassende, unmissverständlich auf Abschreckung zielende Ausrichtung.(12)

Der Mittelstand ist für Beschäftigung, Ausbildung und Wertschöpfung der gewichtigste Teil der deutschen Volkswirtschaft. Er hat dagegen keine auch nur annähernd vergleichbaren Verfehlungen wie im Premium-Segment der Börse aufzuweisen. Dank der Eigentumsverhältnisse und des Haftungsprinzips braucht der Mittelstand keinen von Steuermitteln bezahlten teuren Beaufsichtigungsapparat, kommt aber im Durchschnitt für einen höheren Steueranteil auf. So gesehen, wird der Mittelstand vom Staat traditionell schlechter gestellt.(13) Im Unterschied zu den meisten Börsennotierten Unternehmen hat er seine gesellschaftliche Bindungsfunktion gewahrt. Als treuer und vorrangiger Träger der Sozialen Marktwirtschaft ist dieser die deutsche Wirtschaftskultur prägende Bereich zum größten Teil gegen die eingangs erwähnten Vergehen gefeit.(14)

Erschwerte Bedingungen und erweiterte Herausforderungen für Integrität

Integrität als Produkt von Anstand und Verantwortung ist ein zeitloses zivilisatorisches Anliegen und ein Wirtschaftskulturen übergreifender Anspruch. Nur durch Integrität entsteht Vertrauen. Diese Verhaltensnorm ist heute schwerer erfüllbar, aus folgenden Gründen:

  • Im Zuge der Globalisierung agieren viele Unternehmen transnational und bewegen sich zu großen Teilen außerhalb ihrer Heimatmärkte und sind in sehr unterschiedlichen Wirtschaftssystemen aktiv; man denke an das staatskapitalistische China.
  • Digitalisierung und Internet haben zum Teil eine neue, intermediäre Ökonomie als Meta- und Parallelwelt zur Realwirtschaft geschaffen, deren Aggressivität und ungebremster Monopolisierungsdrang faires Verhalten erheblich einschränkt. Vertreter der Internetplayer haben von Anfang an eine Wild West-(Coast) Manier an den Tag gelegt und den ständigen Beweis mitgeliefert, dass sie alles andere als von Verantwortungsbewusstsein getragen sind.(15) Das Internet hat mit seinen Möglichkeiten der Anonymität, der globalen Reichweite und der intransparenten Algorithmen in einem vor Kurzem nicht vorstellbaren Maße einen „Dunkelraum“ (Stichworte: Cyberkriminalität, Darknet, Faking), geschaffen.(16)
  • Die seit den 1980er-Jahren von den USA ausgehende und in Deutschland unverzüglich übernommene Incentivierung des Top-Managements hat eine Kaste entstehen lassen, die sich nicht mehr uneingeschränkt dem Unternehmenswohl und schon gar nicht dem Gemeinwohl verpflichtet fühlt, sondern in ungebührlichem Maße Eigennutz und Gruppeninteresse voranstellt. Die auf breiter Basis einsetzende Shareholder Value-Orientierung hat hierzulande bis heute eine grundlegende Verschiebung in der Unternehmensführung gebracht. Monetäre Anreiz-Systeme haben ein außengeleitetes, selbstsüchtiges Verhalten gefördert und als Spätfolge eine allmähliche Spaltung der Gesellschaft und einen großen Vertrauensverlust in die Marktwirtschaft herbeigeführt.
  • Die Branchenkonzentration mit der überproportionalen Zunahme weniger Unternehmen führt zu einer Vermachtung von Märkten, um Überrenditen zu erzielen. Dieses an sich rationale Verhalten schwächt faires Marktverhalten und nimmt auf lokale, regionale, sogar nationale Belange wenig Rücksicht.
  • Die Urbanisierung führt zu mehr Kriminalität und Internet-/Plattformökonomie mit der Vermassungswirkung verstärken sozial schädliche Entwicklungen. Die Gesellschaft in den meisten Industriestaaten weist unübersehbare Degenerationserscheinungen auf. Diese summieren sich zu einer Schrumpfung sozialen Kapitals. Narzissmus, Individualismus, Singularität und fortschreitende Anonymisierung sind Ursache und Resultat.

Zugegeben, diese Auflistung ist eine pauschalierende Sicht auf problematische Verschiebungen in Wirtschaft und Gesellschaft der jüngeren Vergangenheit; sie sind in den meisten wirtschaftlich bedeutsamen Ländern zu beobachten. Integrität, die in einem hohen Maße Bindung, Überschaubarkeit und Vertrauen voraussetzt, wurde vor allem seit der Jahrtausendwende in den großen Volkswirtschaften USA, China, Deutschland, Großbritannien zurückgedrängt.

Integrität und Vertrauen – ein eindeutiger Zusammenhang mit wirtschaftlicher Entwicklung

Zum Wesen von Vertrauen finden sich viele alte deutsche Worte: Anständigkeit, Ehrlichkeit, Unbestechlichkeit, Rechtschaffenheit, Unbescholtenheit, Vertrauenswürdigkeit. Sie alle beschreiben Einstellungen und Haltungen, die von alters her an Sitte, Recht und Tugend gebunden sind. Integrität bedeutet im personalen Sinn Treue zu sich selbst, zu seinen Grundsätzen, spirituell ausgedrückt zu seinem Gewissen. In Organisationen, Gemeinschaften, Kommunen, Verwaltungen und Unternehmen impliziert Integrität die innere Übereinstimmung des Tuns mit Vorbildern und Tugenden, an die sich die jeweiligen Mitglieder halten sollen. Die kürzeste Losung von Integrität ist, im guten Sinne „sich selbst treu bleiben“.

Der Ehrbare Kaufmann ist eine historisch ins Mittelalter zurück reichende und später in der Hanse gepflegte Ausformung eines integer handelnden Geschäftsmannes. Dieses – heute würde man sagen – Rollenmodell fußt auf den anspruchsvollen Charaktereigenschaften und dem Prinzip der Gegenseitigkeit, das dauerhafte, persönlich grundierte Geschäftsbeziehungen möglich macht und wachsen lässt. Aufgrund persönlicher Bindung ist der Ehrbare Kaufmann auf einen überschaubaren Kreis beschränkt. An erster Stelle ist es eine Selbstbindung, die nicht „umsonst“ ist, sondern Mut verlangt und einen Vertrauensvorschuss abverlangt. Nach Kant ist nur dann Moral bzw. Integrität gegeben, wenn ein Mensch bzw. ein Kaufmann aus Pflichtgefühl handelt, nicht wenn er nur im eigenen Interesse, also des Vorteils wegen ehrlich ist. Integrität muss nach ihm imperativ sein, das heißt immer geboten sein.(17)

In einer Welt von Organisationen, insbesondere von großen börsennotierten Unternehmen bedeutet Integrität Vertrauen erzeugendes Handeln, das für alle Mitglieder/Mitarbeiter gleichermaßen verpflichtend sein soll. Integrität umfasst ethische Eigenschaften und Verhaltensweisen, die über Vertragstreue hinausgehen, nämlich Anstand, Unbestechlichkeit, Zuverlässigkeit. Die Vorteile eines integeren und somit vertrauensvollen Wirtschaftens sind gespürt groß, auch wenn sie nicht im Einzelnen greifbar sind. Man braucht sich nur die Kosten, die mit einem misstrauischen und/oder korrupten Verhalten verbunden sind, vorrechnen bzw. den Aufwand ansetzen, der mit der Erstellung und Überwachung umfangreicher Vertragswerke entsteht. (18,19)

Welche Wechselwirkung zwischen der Integrität des Einzelnen und der Organisation (bzw. der Rechtsperson besteht, ist nicht einfach zu beantworten. Aus guten Gründen kann dennoch davon ausgegangen werden, dass kleine, überschaubare Einheiten, auf Vertrauen gegründete und mit einem ehrenvollen Auftrag versehene Gemeinschaften/Organisationen faire Entlohnung, respektvollen Umgang in puncto Integration einen signifikanten Unterschied ergeben.

Auf der Ebene von Regionen und Ländern lässt sich der Einfluss von Vertrauen nachweisen. So im Falle von Italien; es zeigen sich signifikante Unterschiede: Im Norden bildete sich ein großes Sozialkapital, das sich im Kauf von Aktien an Unternehmen und in offizieller Kreditvergabe ausweist, - im Unterschied zum Süden, wo Kredite informell vergeben werden und die Betriebsgrößen um den Faktor drei kleiner sind. Bei wenig Vertrauen/Integrität überwiegen Familien- und Clanstrukturen. Gesellschaftlich und rechtlich geordnete Verhältnisse beruhen unabdingbar auf großem gegenseitigem Vertrauen.(20) Das erklärt zu einem hohen Anteil, warum in Griechenland, Südspanien und eben Italien keine größeren Unternehmen entstanden sind und es zu keinem breiten Reichtum gekommen ist. In Deutschland waren vor der Gründerzeit kleinteilige Gemeinde-, Regional- und Staatstrukturen mit einem starken Handwerk vorherrschend, aus dem dann im Zuge der nationalen und wirtschaftlichen Vereinigung sukzessive größere Einheiten entstanden. Es kam zur Bildung industrieller Zentren (Berlin, Ruhrgebiet, Dresden/Leipzig, Stuttgart) mit den bekannten Industrieunternehmen, neben einem über das Land verbreiteten Mittelstand.(21) Alles in allem wuchs eine Wirtschaft und Gesellschaft mit einem hohen Maß an Vertrauen heran; - immer verbunden mit Gemeinsinn, der weit über verwandtschaftliche und landsmännische Beziehungen ausgreift.

Generell gilt, dass Reichtum auf breiter Basis sich dort entwickelt, wo Wertschöpfung sich aufgrund geordneter Verhältnisse und gegenseitigem Vertrauen entfalten kann; dort, wo Misstrauen herrscht, dominiert Abschöpfung(22): Vertrauen/Integrität sind unzweifelhaft entscheidende Determinanten für wirtschaftlichen Erfolg und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Vertrauensvolles Wirtschaften ist mittel- und langfristig lohnenswert

Gefragt ist ein umfassender Ansatz Richtung Anstand und Vertrauen (Honesty and Integrity). Dieser beginnt beim Vorbeugen. Und das heißt nichts weniger als das Erziehen zu einer Einstellung des Einzelnen, der weiß, was man „tut und was man zu lassen hat“, dass man stets für sein Handeln einstehen, persönlich haften muss.

Im Folgenden werden einige Wege aufgeführt, die Vertrauen fördern. Damit verbunden ist eine klare Absage an falsche, in den letzten Jahrzehnten weit verbreite Praktiken.

Vermeidung überzogener Zielvorgaben

Analysiert man die zahlreichen Verletzungen von Integrität, stößt man auf die verhängnisvolle Wirkung überzogener und starrer Zielvorgaben. Um diese zu erreichen, werden alle möglichen Tricks angewendet und sogar kriminelle Kreativität darauf verwendet. Im Zuge vor allem der Shareholder-Value-Doktrin machte sich das sogenannte Performance Management breit, das stretch goals abverlangte, um das Letzte aus dem Personal herauszuholen. Dabei wird unterstellt, dass Leute nur unter extremem Druck die notwendige Leistung bringen. Die enge Kopplung mit Leistungsanreizen bzw. Boni lässt bei drohender Nichterreichung nur wenig bis keinen Spielraum, so dass nichtintegere „Abzweigungen“ gesucht werden.

Weitgehende Zurücknahme der Top-Management-Incentivierung

Erfolg ist in aller Regel eine Gemeinschaftsleistung und sollte nicht unangemessen personalisiert respektive Misserfolge nicht über Gebühr kollektiviert werden. Das Missverhältnis in der Managementvergütung, nämlich in der Regel Boni zu maximieren und Haftung zu minimieren, verlangt nach einer einschneidenden Korrektur. Die im Zuge der Shareholder Value-Orientierung lancierte Incentivierung des (Top-)Managements ist eine Fehlentwicklung. Nicht Anreize sollten verhaltensbestimmend sein. Sondern nachgewiesener nachhaltiger Erfolg soll belohnt werden.(25) An dieser Stelle soll noch daran erinnert werden, dass in den zentralgeleiteten Wirtschaften Anreize bzw. Vorgaben in kollektiven Lug und Trug mündeten. Die Ausrichtung des Handelns von Unternehmensleitungen auf lukrative, kurzfristig einlösbare Boni untergräbt zweifelsohne die Integrität.

Rückkehr zu persönlicher Haftung

Falsch ist eine hierzulande von staatlicher Seite ausgehende judikative Richtung, das Haftungsprinzip auf die Rechtsperson, das Unternehmen, beschränken zu wollen. Eine solche Adressierung läuft dem Gerechtigkeitsempfinden der Mehrheit der Bürger zuwider, dass nämlich der unmittelbare Verursacher gerade zu stehen hat und nicht Belegschaft und Anteilseigner für den Schaden aufkommen müssen. Anzunehmen ist, dass in erster Linie fiskalische, also nichtrechtliche Überlegungen für diesen aktuell in Deutschland vorgelegten Gesetzesentwurf auschlaggebend sind: Von Unternehmen ist mehr zu holen als von Privatpersonen. Dass dabei das Gebot der Abschreckung missachtet wird und in den Augen der Öffentlichkeit die Verantwortlichen geschont werden, ist ein fatales Signal für das Vertrauen in die Gleichheit vor dem Gesetz. Geboten ist ohne Wenn und Aber die persönliche Inhaftnahme der Verursacher.

Rückbau der Compliance/-Misstrauenskultur

Förderung und Durchsetzung von Integrität dürfen nicht mit einer Misstrauenskultur erkauft werden. Hinlänglich bekannt sind die hohen verdeckten Kosten, die mit einem im Unternehmen verbreiteten Misstrauen einhergehen. Nachlassende intrinsische Motivation und mangelnde Bereitschaft zur Kooperation zwischen Stellen und Personen im Unternehmen sind dauerhafte Folgen. Allein der direkte Aufwand für Compliance-Personal, Whistleblower-Services und andere subtile Überwachungsmaßnahmen ist beträchtlich – und wird in der Berichterstattung unterschlagen. Wenig bedacht wird, dass der Compliance-/Kontrollkomplex der US-amerikanischen Misstrauenskultur entspringt, der der deutschen und auch europäischen Einstellung zu einem großen Teil fremd ist. Aufgrund von Korruptionsfällen, die außerhalb der USA und Deutschlands lagen, verordnete die SEC in einer bis dato unvorstellbaren exterritorialen Rechtsdurchsetzung einigen Dax-Unternehmen ein Bündel von Compliance-Prozeduren.(27) Im Nachhinein sind große Zweifel angebracht, ob damit der Integrität substantiell geholfen wurde.

Charakter als Auswahlkriterium für CEOs/Leitende

Einsichtig ist, dass Integrität, die von der Spitze eines Unternehmens vorgelebt wird, das Klima für die gesamte Organisation vorgibt. Denn nichts macht auf Mitarbeiter einen stärkeren Eindruck als das Beispiel der Leitung. Deshalb ist es mehr denn je wichtig, dass der Charakter als wesentliches Auswahlkriterium für den CEO und das Leitungspersonal herangezogen wird.(28) Schwer verständlich ist, dass die Frage nach dem Charakter wie ein Tabu behandelt wird. Diesbezügliche Checks sollten eine selbstverständliche Praxis werden.(29) Eigentlich sollte man die „Leute“ gut genug kennen. Um der Öffentlichkeit und in Managerkreisen die Bedeutung von Integrität bewusst zu machen, sollten Unternehmensführer für verantwortliches Handeln im weitesten Sinne ausgezeichnet werden. Die Ausrufung von „Manager des Jahres“ hat jedenfalls eine für die Integrität der Dax30 schädliche Wirkung.(30) Eine Auszeichnung als Ehrbarer Kaufmann bzw. als verantwortungsvolles Unternehmen hat dagegen moralische Qualität.

Überschaubare Strukturen und transparente Prozesse

Strukturen können die Pflege von Integrität stützen oder einschränken. Gewöhnlich sind dezentrale, überschaubare kleinere Einheiten besser geeignet, weil bereits ein kleines Fehlverhalten auffällt und nicht zu einem systemischen auswächst. Der Parameter Größe (von Organisationen) auf die Wahrung von Integrität wird vielfach unterschätzt. Ein hohes Maß an Eigenverantwortung, das mit kleinen Einheiten einhergeht, ist vertrauenswürdigem Handeln dienlich. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass relativ kleine Länder – neben den skandinavischen die Schweiz und Neuseeland - mit einer hohen Transparenz und Kohärenz beim Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) regelmäßig die 10 ersten Plätze einnehmen.(31) Die relativ gute soziale Einbettung der dort domizilierten Firmen hat daran ihren Anteil.

Frühzeitige Sanktionen

Unumgänglich sind Sanktionen von Fehlverhalten von Anfang an und ohne Ausnahme. Das bedeutet, schon im Kleinen einzuschreiten.(32) Die Sanktionen sollten in erster Linie auf die soziale Seite ausschlagen, indem der Verfehlende gesellschaftlich mehr oder weniger ausgeschlossen wird. Nach aller Erfahrung wiegt diese für die unmittelbare Umgebung sichtbare Form der Sanktionierung schwerer als Geldstrafen.(33)

Integrität ist ein in der Wirtschaft geltendes universelles Gebot. Integrität muss immer und überall gelebt werden. Immer kommt es auf das Tun an. Weitschweifige Diskurse über ethische Relevanz lenken von der Unmittelbarkeit der Pflicht ab. Und das Warten auf „Europa- oder gar Weltlösungen“ ist eine beliebte Ausrede, hat im eigenen Beritt nichts zu tun.

Aber die Erziehung steht am Anfang

Zurück zur Erziehung: Aufrichtigkeit beginnt im Kindesalter, ist von den Eltern zu lehren und vorzumachen. Später sollten eigentlich Schulen und Jugendeinrichtungen den elterlichen Part ergänzen. Im Unterschied zu der früheren weniger liberalen Erziehung und der gewöhnlichen Mitgliedschaft in Jugendorganisationen trifft man heute in weiten Teilen auf ein Erziehungsvakuum, Opportunismus bzw. Nützlichkeitsdenken. Die Jugend von heute erlebt vielfach neben der schwachen Formation des Charakters eine Sozialisierung, die sich zu einem guten Teil in sozialen Netzwerken abspielt. Weiterführende Schulen, Hochschulen und Universitäten haben sich von dem ehemals selbstverständlichen erzieherischen Auftrag losgesagt, beschränken sich auf die Wissensvermittlung – und das sogar im Fach Ethik. Kennzeichnend für die moralische Verfassung an Managementschulen sind Alibiaktionen wie der publizitätswirksame M.B.A. Oath an der Harvard Business School (HBS), der bald an Zuspruch verlor. Integrität erwirbt und behält man nur, wenn sie zum charakterlichen Bestand wird. Aus dieser kurzen Beschreibung folgt unabdingbar, Erziehung wieder als Produkt von Geist/Intelligenz und Charakter zu betreiben.

Zusammenfassung und Schlussfolgerung

Vertrauen in der Wirtschaft ist Spiegelbild einer Gesellschaft; sie zeigt wie es mit dem Umgang miteinander bestellt ist. Das Bild davon hat sich verdunkelt, das liegt nicht nur, aber vor allem an den vielen groben Verfehlungen der vom Kapitalmarkt getriebenen Unternehmen. Das Bild hellt sich nur auf, wenn Integrität wieder ein kardinaler Wert wird.

Bloße Appelle zu integerem Verhalten und Systeme, die die Einhaltung von Integrität bewirken sollen, haben zum Großteil versagt; sie sind vorübergehend, meist einseitig und nicht konsequent. Einverstanden: Es ist schwierig, in einer orientierungs-/bindungslosen Gesellschaft anständig, ehrlich zu bleiben und zu werden. Nichtsdestotrotz ist jede, auch vereinzelte Bemühung für mehr Integrität wertvoll. „Graswurzelbewegungen“, die eine anständige, gerechte, solidarische Gesellschaft zum idealistischen Ziel haben, verdienen Unterstützung. Ansätze zu einer menschenfreundlichen Gemeinschaft in der Tradition der Christlichen Soziallehre – sie hatte den Entwurf der Sozialen Marktwirtschaft maßgeblich beeinflusst – sollten gestärkt werden.(34,35)

An dieser Stelle soll das ausdrückliche Bedauern ausgesprochen werden, dass börsennotierte Unternehmen in der Führung und Aufsicht die Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft zu einem beträchtlichen Teil widerstandslos aufgegeben und das angelsächsische Kapitalmarkt-Kapitalismus Modell übernommen haben.(36) Der seit der Jahrtausendwende zutage getretene Überschwang vor allem bei den Dax30-Unternehmen ist kritisch zu bewerten; er machte ohnehin Privilegierte zu Gewinnern und hinterließ viele Verlierer.(37) Die von der Sozialen Marktwirtschaft geschaffene Struktur veränderte sich seitdem tiefgreifend, die börsennotierten Unternehmen vereinzelten sich immer mehr, setzten sich von ihren Ursprüngen und Verpflichtungen ab, wurden zusehends manageristisch. Für das soziale Gut Integrität war es eine eindeutig negative Entwicklung. Aufgrund der Eigentumsverhältnisse vieler Dax-Unternehmen ist jedoch kaum eine Änderung zu erwarten, außer sie käme aus den USA.(38) Die deutsche Politik war mehr oder weniger Zuschauer, in nicht wenigen Fällen half sie sogar mit, einseitigen ökonomischen Interessen ihren Lauf zu lassen. Zukünftige Regierungen sollten endlich den Auftrag ernst nehmen, die lädierte Ordnung der Sozialen Markwirtschaft wieder in ein gesellschaftsförderliches Lot zu bringen.

In jüngerer Zeit zeichnen sich aber auch Entwicklungen ab, die der Wahrung von Integrität förderlich sind. Das sind die nicht nur in Folge von Covid-19 zu beobachtende De-Globalisierung, der wachsende soziale Druck aufgrund gewachsener Ungleichheit der Gesellschaft, die Infragestellung bestimmter Funktionseliten, insbesondere Manager(isten) und das Parabusiness.(39) Desweiteren lässt die weniger materielle Einstellung der jüngeren Generation eine Betonung mitmenschlicher Aspekte und ein stärkeres gemeinschaftliches Engagement erwarten.

Entscheidend ist und bleibt die Stärkung der Charaktereigenschaften der Verantwortlichen. Ohne sie bleiben noch so ausgeklügelte Anreiz- und Kontrollsysteme wirkungslos. Darum muss man wieder zum Ursprung zurück und bei der anstrengenden Erziehung und der sorgsamen Auswahl der Verantwortlichen beginnen. Das ist eine Herkulesaufgabe, für die es weder Abkürzungen noch Umwege gibt.

Integrität bereitet den Weg zu einer langfristig erfolgreichen Unternehmensführung und verhilft zu Vertrauen und Zufriedenheit in Wirtschaft und Gesellschaft.

Manfred Hoefle, Oktober 2020

 

Leseempfehlung:

  • Robert D. Putnam: Making Democracy work: Tradition in Modern Italy, Princeton University Press, Princeton, 1993.
  • Patrick J. Deneen: Warum der Liberalismus gescheitert ist, Müry-Salzmann Verlag, Salzburg, 2019.

Anmerkungen

(1) Die FinCEN-Files vom Herbst 2020 werfen ein grelles Licht auf die Beteiligung von Großbanken an der internationalen Geldwäsche. Nicht wenige sehen sich als „too big to indict“ bzw. kaufen sich mit relativ niedrigen Summen frei. Geldwäscheexperten glauben, dass ein solches Verhalten so lange fortgesetzt wird, bis ein Beteiligter zu langem Gefängnis verurteilt wird.
(2) Soweit bekannt kam es infolge der Finanzkrise zu keiner einzigen Haftstrafe und zu keinen nennenswerten Strafzahlungen. Das trifft auch auf die illegalen Geldtransaktionen zu.
(3) Es ist bezeichnend, dass in der BWL-Ausbildung die Faktoren Kultur und Integrität keine Bedeutung haben und dass eine ganzheitliche Sicht auf Mensch und Gesellschaft fehlt.
(4) Bei Wirecard wurde EY (Ernst & Young) über mehr als zehn Jahre von Digital Criminals ausgetrickst.
(5) Die von der Europäischen Kommission favorisierte Trennung von Beratung und Auditing wurde nach massivem Lobbying der Big4 gekippt. Die deutsche Regierung beteiligte sich dabei.
(6) Siehe dazu Denkzettel Nr. 48: CSR und der modische Ersatz des Ehrbaren Kaufmanns
(7) Geradezu grotesk mutet zuletzt das sinistere Ansinnen an, die Deutsche Bank übernehmen zu wollen, wozu die Hilfe von McKinsey in Anspruch genommen wurde.
(8) Erinnert sei an den jüngsten Bundestags-Untersuchungsausschuss zur Bundeswehr-Berateraffäre.
(9) Vorstandsverträge enthalten gewöhnlich eine umfassende Sammlung von Haftungsausschlüssen: Zusätzlich sind alle nur möglichen Fälle versicherungsmäßig abgedeckt. Managerhaftpflicht-Versicherungen (D&O) sind meist ohne Selbstbehalt und werden vom Arbeitgeber übernommen.
(10) Die seit 2002 fungierende Kommission, ist von denselben Unternehmen finanziert, die vom Kodex betroffen sind. Trotz selbsterklärter politischer Unabhängigkeit wurde beispielsweise die Frage der Mitbestimmung auf Wunsch der Regierung ausgeklammert. Das Regelwerk der DCGK ist im Laufe der Zeit beträchtlich angewachsen und dennoch werden die Bestimmungen als wenig präzise und mit dem Aktiengesetz überlappend angesehen – und was am bedauerlichsten ist: Entsprechend der Leitlinie „Akzeptanz ohne Zwang“ sind sie folgenlos geblieben
(11) In diesem Zusammenhang sind die nach der Finanzkrise (Jahr 2008) aufgelaufenen sechs Tausend Rechtsstreitigkeiten der Deutschen Bank zu erwähnen, die so hohe Kosten verursachten, dass umfangreiche Personalanpassungen notwendig wurden.
(12) Das nach den Bilanzskandalen von Enron und Worldcom eingeführte US-Bundesgesetz zielt auf die Richtigkeit und Verlässlichkeit der Berichterstattung börsennotierter Unternehmen. Wesentlich sind die verbindliche Bestätigung der Richtigkeit und Verlässlichkeit der Finanzdaten durch den CEO und CFO, das Verbot der Selbstkontrolle der Buchprüfer und prüfungsnaher Dienstleistungen neben der Abschlussprüfung und nicht zuletzt strengere Strafen bei Vergehen. Im Unterschied zur Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verfügt die Securities Exchange Commission (US-SEC) über umfassende legislative, judikative und exekutive Kompetenzen – und nimmt sie seit Langem offensichtlich wirksam wahr.
(13) Argumente dazu u.a. siehe Denkzettel Nr. 64: Wolfgang Grupp: Der TRIGEMA-Familienunternehmer
http://www.managerismus.com/themen/unternehmen-branchen/denkzettel-nr-64
(14) Bemerkenswert ist, dass mit Ausnahme des Economist, der den Begriff Mittelstand übernahm, die angelsächsische Wirtschaftspresse diesen für die Soziale Marktwirtschaft essentiellen Teil der Wirtschaft bis dato weitgehend ignoriert.
(15) Zu verweisen ist v.a. auf Jeff Bezos von Amazon und Marc Zuckerberg von Facebook. (http://www.managerismus.com/themen/unternehmen-branchen/denkschrift-nr-28) .
(16) Das beste Beispiel ist Wirecard mit seinen verdeckten Transaktionen in Indien und Südostasien.
(17) Immanuel Kant (1724-1804): siehe Kategorischer Imperativ, der einem objektiven Prinzip gleichzusetzen ist, nach dem alle Handlungen zu prüfen sind.
(18) Beispiel für persönliche Integrität: USA-Unfallstatistiken zeigen, dass LKW-Fahrer mit geringer Integrität fünf Mal so viele Unfälle verursachen wie solche mit hoher. Dieser Verhältniswert liefert Anhaltspunkte für eine Übertragung auf organisatorische Integrität.
(19) Es kommt nicht selten vor, dass zwischen Gesellschaften eines Konzerns vertragliche Vereinbarungen in einem Stil und Umfang abgeschlossen werden wie mit Fremdfirmen.
(20) Siehe dazu die Erstuntersuchung von Robert D. Putnam (Literaturempfehlung) und Erweiterungen von italienischen Soziologen/innen.
(21) Dieser Teil der Wirtschaft beeinflusste die Wettbewerbskonzeption der Freiburger Schule (v.a. Walter Eucken), für die die Frage von Marktmacht zentral ist.
(22) Siehe dazu die Denkschrift Nr. 11: Wie Abschöpfung die Gesellschaft ruiniert
(23) Siehe Ergebnisse der Harvard (HBS)-Columbia Studie: „Reducing bounded ethicality: How to help individuals notice and avoid unethical behavior.” Oct-Dec 2015.
(24) Das ist ein falsches Verständnis des ursprünglichen Konzeptes des Management by Objectives (MBO), das auf die Zielausrichtung abhebt und nicht auf die „Maximierung“ von Einzelzielen. Ein Vertreter des „Stretch Goals“-Ansatzes war Jack Welch von GE; er fand viele Anhänger auch für seine 20-70-10“-Regel von „Stars & Lemons“, nach der die jeweils 10 schwächsten Performer den Job verlieren sollen.
(25) Das Grundübel kurzfristiger monetärer Anreize wurde unter www.managerismus vielfach und ausführlich kritisiert.
(26) Siehe dazu diverse Stellungnahmen in der F.A.Z. und im Podcast von Gabor Steingart
(27) In Deutschland wurden die Legitimation und die Art exterritorialer para-juristischer Maßnahmen von der Politik weitgehend ignoriert.
(28) Schon Aristoteles sagte sinngemäß, dass der Charakter die moralische Einstellung des Mannes/Menschen ausmacht, welche Dinge er tut und welche er meidet.
(29) Siehe dazu die Checkliste:
http://www.managerismus.com/images/Einschaetzung_Fuehrungsqualitaet.pdf
(30) Siehe dazu Denkzettel Nr. 30: Corona und Managerismus – Es gibt kein gutes Management im falschen
(31) Siehe jährliche Erhebung des CPI (Corruption Perception Index) durch Transparency International.
(32) Ein exemplarischer Fall für ein rasant wachsendes Betrugsgebäude war FlowTex. Diese von dem vormaligen Gebrauchtwagenhändler gegründete Firma zur Herstellung von Erdbohrmaschinen nach einem amerikanischen Verfahren war von der Gründung an eine „Fake Corporation“ mit einem Schneeballsystem. Die Getäuschten waren Banken und Leasingfirmen, die ohne genaueres Hinsehen in Summe mehr als 2 Milliarden DM ausliehen. Der prätentiöse Lebens- und Firmenstil beeindruckte Darlehnsgeber und Politiker gleichermaßen. Der Betrüger Manfred Schmider – „Big Manni“ genannt –bekannte später, dass ihn immer mehr das Gefühl verlassen habe, dass er so was nicht machen dürfe, ihn aber die ungebrochene gesellschaftliche Anerkennung daran gehindert habe. Das Ansinnen, ein immer größeres Rad zu drehen, stieß auf damals angesehene und sich professionell gebende Wirtschaftsvertreter, die aus Gier und Sucht nach Anerkennung beherzt mit dem Geld anderer Leute mitmachten, bis das System Ende der 1990er-Jahre zusammenkrachte.
(33) Allerdings haben soziale Sanktionen an Schwere verloren, da sich Wirtschaftsverbrecher und große Profiteure ins Ausland, bevorzugt nach Mallorca und London absetzten.
(34) Die geistigen Väter der Sozialen Marktwirtschaft (Walter Eucken, Wilhelm Röpke, Alexander Rüstow, Franz Böhm ) vertraten hohen ethische Standards, ebenso die Pragmatiker Ludwig Erhard und Alfred Müller-Armack.
(35) Siehe Denkzettel Nr. 62: Claus Hipp: Ökounternehmer - Praktiker der Katholischen Soziallehre
http://www.managerismus.com/themen/unternehmen-branchen/denkzettel-nr-62
(36) Angebahnt wurde diese Abkehr von dem abschätzig „Rheinischer Kapitalismus“ und „Deutschland AG“ genannten Modell unter der Regierung Schröder, die einen neoliberalen Kurs verfolgte. Amerikanische bzw. US-affine Analysten, Anwälte, Strategieberater, Wirtschaftsprüfer, Vertreter der Deutschen Börse, Vergütungsspezialisten und Lobbyisten vollendeten unter Mitnahme lukrativer Aufträge diese Transformation in erstaunlich kurzer Zeit.
(37) Im Besonderen gilt das für den schwachen Vermögensaufbau breiter Kreise der arbeitenden Bevölkerung vergleichen mit der Zeit bis Ende der 1970er-Jahre.
(38) Im angelsächsischen Raum mehren sich in jüngster Zeit die Kritiker des Investor Capitalism/Raubtier-Kapitalismus: The Future of Capitalism (Paul Collier), The Economics of Belonging (Martin Sandbu); Economic Dignity (Gene Sperling); Saving Capitalism: For the Many, Not the Few; The System: Who rigged it, how we fix it (Robert Reich).
(39) Siehe Denkschrift Nr. 21: Die Wucherung des Parabusiness (http://www.managerismus.com/themen/arbeitswelt-bwl-consulting/denkschrift-nr-21)