„… McKinsey wird langsam unheimlich.“ schrieb Der SPIEGEL 10/2012. Bis dahin waren schon ein paar Jahrzehnte des Wegschauens vergangen. Mit diesem Beitrag soll mehr als nur der Nachweis der Unheimlichkeit erbracht werden. Er ist als Kontrast zu dem von McKinsey mit großem Aufwand gepflegten Positiv-Bild gezeichnet, das mit Hilfe affiner Business Schools, geneigter Medien und referentieller Alumni; als Gegenpart zu der im deutschsprachigen Raum auffallenden Nichtbeachtung von Skandalen und schädlichen Praktiken.
Dieses Schwarzbuch ist eine umfängliche Sicht auf eine Kanzleifirma, die ein globaler Wissenskonzern wurde. Zu einem guten Teil sind Begründungen und Hinweise stichwortartig aufgezählt oder kurz beschrieben. Neben weiteren hier nicht offengelegten Informationen ist das Stoff für ein Buch. Zweck dieser als Schwarzbuch bezeichneten Indiziensammlung ist anzuregen, der Tätigkeit von McKinsey bei wichtigen Klienten in Deutschland, Österreich, Schweiz mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, der Verbindung zu Auftraggebern/-vermittlern und zum Netzwerk in Verbänden, Hochschulen und Instituten und Medien nachzugehen und das Wissen darüber öffentlich zu machen.
Übrigens: Unter www.managerismus.com finden sich seit 10 Jahren Kommentare zu McKinsey. Wegen der großen Zahl von Angaben und der Form der Verdeutlichung wird zum Großteil auf Einzelbelegung verzichtet; mit Hilfe „Quellen und Lesenswertes“ sind sie gut recherchierbar. Auskünfte von Kennern sind nur zum Teil berücksichtigt.
Mit diesem Beitrag sollen Antworten auf die zwei Fragen versucht werden: Wozu braucht es McKinsey und Wäre die Welt eine bessere ohne McKinsey? Doch: Jeder soll sich selbst ein Bild machen und seine Antwort finden.
Zuerst ein paar Hinweise zu den Anfängen und der ab den 1990er-Jahren bis heute rasanten Entwicklung.
Mächtigster Wissenskonzern der Beratungsbranche
Begonnen hat es mit McKinsey & Company(1) 1939 mit Financial Assessments von Unternehmen für den Bankensektor. Die Firma glich einer Anwaltskanzlei, die auf Managementunterstützung spezialisiert war. Prägende Gestalt der nach dem Tode des Gründers neu ausgerichteten Firma war Marvin Bower (1903-2003), ein Rechtsanwalt mit Abschlüssen der Harvard Law und Business School. Der Firma diente er nach der Pensionierung bis 1992. Der Übervater wollte, dass McKinsey eine „Firm“ ist, Aufträge „Engagements“, Kunden „Clients“, die Tätigkeit „Practice“. Mit 60 gab er seine Anteile zum Buchwert ab, eine einmalig gebliebene Großzügigkeit. Vorausschauend erblickte er in Arroganz und „Greed“ (Habgier) die größte Gefahr für die Zukunft „seiner“ Firma. Wenn es um Fragen der Professionalität und Integrität ging, hieß es noch ein Zeit lang: „Ask yourself what would Marvin do.“
Die Expansion zu einer globalen Managementberatungsgesellschaft mit einem jährlichen Wachstum von fast 20 Prozent setzte unter Rajat Gupta, dem ersten Nichtamerikaner als Managing Director (1994-2003) ein, erneut unter Dominic Barton (2009-2018). Heute ist McKinsey fast 10 Mal größer als 1990, hat 30 Tausend Angestellte, davon 2500 Partner/Teilhaber. Der Umsatz beläuft sich nach inoffiziellen Angaben auf 11 Mrd. USD. Der Beratungskonzern ist mit 129 Büros in 66 Ländern vertreten. In den letzten 20 Jahren verzeichnete das Public Business, insbesondere mit „autoritären“ Staaten, einen Boom.
Trotz seiner für ein Managementberatungsunternehmen immensen Größe wird an der Organisation als Partnergesellschaft festgehalten; sie ist das Vermächtnis von Bower. In jüngerer Vergangenheit geriet McKinsey in eine Serie von Compliance und Governance-Vorfällen, die das sorgsam gepflegte Image in Mitleidenschaft zogen. Trotz globaler Präsenz und dezentraler Organisation ist McKinsey im Kern die US-Firma geblieben: Das Management Council, der engste Führungskreis ist noch zu 90 Prozent amerikanisch besetzt.
Die unangreifbar erscheinende Nummer-Eins-Position unter den Management-/ Strategieberatern ist auf eine Kombination von Erfolgsfaktoren zurückzuführen. Das sind summarisch: die Rekrutierung von Top-Absolventen vor allem führender Business Schools, die systematische Wissensakkumulation, das Alumni Netzwerk, die Taktik der Geheimhaltung, Konzentration auf große und größte Kunden. Hinzu kommt die Multi-Client-Policy, die eine Beratung konkurrierender Kunden zulässt und der Wissensaustausch ausdrücklich in Abrede gestellt wird.(2) Von existenziellem Rang ist der größtmögliche Ausschluss von Haftung für irgendwelche Beratungsergebnisse bzw. Lösungsvorschläge. Im Unterschied zu Buchprüfern und anderen Beratern wurden Problemfälle bis vor Kurzem unbeschadet und unbeeindruckt überstanden. Untrüglicher Beleg für exzeptionelle Smartness.
McKinsey deckt eine schier große Breite an Branchen und Geschäften ab. Das sind an erster Stelle reife Industrien, die effizienter und zukunftsfähiger gemacht werden sollen: die Autobranche, Elektro- und Metallindustrie, Chemie, die Pharmaindustrie. Bedeutende Geschäfte verzeichnet McKinsey in der Grundstoffindustrie, der Logistikbranche und im Handel. Traditionell besonderes Gewicht hat der Nominalsektor (Banken, Private Equity, Buy-out/Hedgefonds, Asset/Property Management, Versicherungen). Zielkunden sind die jeweils Branchengrößten, große Behörden, Ministerien, Großagenturen, globale Organisationen, weil deren „Billing Potential“ und Reputationswert hoch sind. Ersteres ist insbesondere bei autokratischen Auftraggebern und autoritären Regimen gegeben.
Der Geschäftsumfang von McKinsey wurde durch Zukauf von Spezialisten, zuletzt zum Komplex Klima erweitert. Der Verkauf von Software im Nachgang von Beratungsprojekten ist eine weitere Ergänzung. Beim Internet-Hype um die Jahrtausendwende wurden Share Deals mit Start-ups gegen Beratung und Begleitung abgeschlossen; ein Zeichen von Wendigkeit, wenn es ums schnelle Geld geht. Eine herausgehobene Funktion hat das McKinsey Global Institute (MGI)(3), ein hoch einflussreicher Private Sector Think Tank, der die umfassende Kompetenz zu „High-Impact Topics“ (z.B. Productivity, Technology, Gender Equality) belegen und politische Entscheidungsträger beeinflussen soll.
Schaffung von Abhängigkeiten
Das Ansinnen aufstrebender McKinsey-Partner ist, „Psychoanalyst in Chief“ eines CEOs zu werden, also Vertrauter, dem Ängste und Sorgen anvertraut werden. Ist dieser Status erreicht, tut sich gewöhnlich eine Bonanza auf, die über viele Jahre ergiebig ist. Wie kein anderes Beratungsunternehmen pflegt McKinsey die CEO-Vertrautheit, insbesondere in den westlichen Märkten; in anderen Worten: „assistiertes“ Management vom Feinsten und Teuersten.
Die kurze Amtsdauer von CEOs (Median rund fünf Jahre) begünstigt das Geschäftswachstum. Neue, von außen kommende CEOs holen sich ihren „McKinsey“, lassen die Geschäfte analysieren, um gegenüber Board/Aufsichtsrat mit Fakten und Lösungen glänzen zu können und große Entschlossenheit vorzuweisen. CEOs mit einer Beratervergangenheit haben ohnehin eine ausgeprägte Präferenz, ihre Beraterkollegen an Bord zu holen. Bis in die 1990-Jahre war es üblich, bei Datenverarbeitungsfragen IBM einzuschalten. So problemlos ist in vielen Fällen eine Beauftragung von McKinsey in Top-Managementbelangen. Das ist eine unauffällig starke Marktmacht.
Nach dem Enron Debakel bot McKinsey seine Expertise zu Corporate Governance, Controlling und Compliance offensiv an. Nach Aufdeckung der Opioid-Krise in den USA, an der McKinsey als Berater für Umsatzsteigerungsprogramme(4) kräftig mitverdiente, wurde unvermittelt Bereitschaft signalisiert, den Erfahrungsschatz zukünftig zur Bekämpfung der verheerenden Auswirkungen verwenden zu wollen. Ein Fall von doppeltem „Verdienst“. Die Kreation komplexer Ansätze und sophisticated Lösungen, die Jahre später im Rahmen eines Komplexitätsreduzierungsprogramms wieder geändert werden, ist keine Seltenheit.
Stiftung von Unruhe
Im Unterschied zu Unternehmern verträgt das Management im Allgemeinen Ungewissheit und Unruhe schlecht, McKinsey dagegen sehr. Der Slogan „ I can’t keep calm, I work at McKinsey & Company“, bringt es auf den Punkt.(5)
McKinsey ist gemeinhin dafür bekannt, Bedrohungsszenarien auszumalen. Typisch sind schlagzeilenträchtige Beiträge: „Banken droht weltweit 3,7 Billionen US-Dollar Einnahmenverlust.“ und „Banken stehen vor einem kalten Winter.“ Die Wortwahl ist offensiv, dramatisierend. Der Consultant Speak bedient sich mit Vorliebe der Vokabeln: Offensive, Initiative, World Class, Excellence, Threats, Uncertainty; “Strategy in a structural break’” und zwischendurch verheißungsvoll “Leading through uncertainty”. Die Welt wird dargeboten, als ob sie des einen Retters bedarf. Adressaten sind die zahlreichen sich absichernden Manager. Paranoia zu erzeugen ist für McKinsey ein sehr wirksames Stimulans für das Geschäft. Mitunter wird auch Hoffnung verbreitet: „Deutsche Banken können Eigenkapitalrendite bis 2030 mehr als verdoppeln.“ Wenn die Lage recht düster scheint, preist sich McKinsey als Hoffnungsanker an.
Management vor allem börsennotierter Unternehmen ist darauf gepolt, Entscheidungswille und Aktionsfähigkeit zu demonstrieren, gegenüber dem Kapitalmarkt und der Unternehmensaufsicht. Dazu liefert McKinsey ständig Argumente und Material.(6) Die Firma war gewöhnlich mit von der Partie, Hypes zu kreieren und davon zu profitieren, so bei der „New Econonomy“-Welle Ende der 1990-er Jahre. UM Start-ups nach Art eines Durchlauferhitzers zu puschen und bei einem Exit ausgiebig zu kassieren, wurden „Accelerators“ eingerichtet. Auf die große Aufmachung folgte der Flop, ohne dass ansonsten aufmerksame Medien Notiz nahmen.(7)
Bei der Erteilung von Empfehlungen erweist sich McKinsey als ausgesprochen variabel, variantenreich. Richtungswechsel sind nicht selten. Beispielweise wurde deutschen Großbanken erst die Diversifikation zum Investmentbanking anempfohlen, um nach offensichtlichem Scheitern wieder zur Rückkehr zur Universalbank zu raten. Vergessen war, dass die akquirierten Investment-Boutiquen abgeschrieben werden mussten. Im Abstand von sechs bis neun Jahren kommt es zu Richtungswechseln, weil auch Auftraggeber und Account Manager gewechselt haben.
Im Vorfeld der Finanzkrise hat McKinsey einen besonderen Elan beim Lancieren von Structured Finance Lösungen an den Tag gelegt. Man verwies auf das Wachstumspotenzial von Securitization und war bei der Produktkonzeption vielen Banken, darunter die UBS in USA, behilflich. GE verlor nach Bekunden des früheren CEO Jeff Immelt in diesem Zusammenhang rund eine Mrd. USD. Die Optimierung der Kapitalstruktur (Leveraging) mit dem Ziel einer höheren Eigenkapitalrendite gehört zum Standardrepertoire. Bei Enron wurde das Asset- Light-Engineering auf die Spitze getrieben. Das leichte, angeblich risikoarme Geschäftsmodell implodierte. Lange Zeit war McKinsey im Gleichklang mit der Wallstreet, was die Kurzfristigkeit angeht. Erst vor zehn Jahren kritisierte der damalige Managing Director, Dominic Barton, den „Short-termism“.(8) Seitdem hat sich an der entsprechenden Praxis, insbesondere der Quartalsberichterstattung, nichts geändert, nicht zuletzt, weil eine Änderung geschäftlich wenig versprach.
Resümierend kann festgehalten werden, dass McKinsey eine auf Beunruhigung zielende Promotion betreibt. Mit langfristiger Wertschöpfung und Innovation, überhaupt mit unternehmerischem Verhalten hat es wenig gemein.
Ausschluss von Haftung
Bei Misserfolg ist das Management schuld, weil es den Empfehlungen von McKinsey nicht stringent gefolgt oder zur Umsetzung nicht fähig genug ist. Bei Falschberatung wird beteuert, dass Prämissen und Herleitung der Empfehlungen logisch und den gegebenen Umständen angemessen waren. Wenn die Beratung nicht zufriedenstellend war, ist der Auftraggeber nicht bereit, zuzugeben, einen Fehler gemacht zu haben bzw. verweist auf den Board/Aufsichtsrat, der ihm die Beratung nahegelegt hat. Bei Verfehlungen wie beim Eskom-Fiasko, dem größten Energieversorger Südafrikas, bequemt sich McKinsey zu einem Bedauern („We deeply regret“), keinesfalls zu einem „Wrong doing“. Leistungsverbesserungen für die Stromabnehmer blieben allesamt aus, die Situation verschlimmerte sich.
Smarte Praktiken
Dass Smartness ein besonders prägendes McKinsey-Merkmal ist, wird nicht nur von Alumni und arrivierten „Meckies“ vermittelt; diesen Eindruck teilen auch die meisten McKinsey-Watcher und Klienten. Im Folgenden wird eine Auswahl von Indizien für Smartness dargelegt.
Akquise & Salesmanship
Beratung muss verkauft werden, indem Klienten klar gemacht wird, dass sie durch Analysen und Empfehlungen in eine bessere Lage versetzt werden, richtig zu entscheiden. McKinsey wandte auch Verkaufstrick an, CEOs zu höherer Vergütung zu verhelfen.(9)
Eine häufig angewendete Taktik ist die Erstellung von Studien im Rahmen einer pro-bono Beratung oder zu einem „Entry-Bid“. Das hat den Vorteil, dass McKinsey sich in dieser präparativen Phase großer Programme einen Informationsvorsprung gegenüber anderen Beratungsfirmen erarbeitet. Die Empfänger der Studie sollen zu einem Folgeauftrag veranlasst werden, der mindestens das Zehnfache des „Gratisauftrags“ beträgt. Ein aktueller Fall niedrigschwelliger Akquise (nur 25 Tsd. Euro) ist die Einschaltung bei der Entwicklung einer Systematik zur Verteilung der Mittel aus dem EU-Wiederaufbaufonds in Italien. Die großsprecherisch als „Next Generation“-bezeichnete Studie als Vorstufe für eine später umfangreiche Beratung diverser potentieller Empfänger stieß jedoch auf unerwartete Kritik.
Größter Wert wird auf einen eindrucksvollen Auftritt vor dem Management gelegt. Rhetorik und Orchestrierung spielen bei den Präsentationen eine schlagende Rolle. Mitunter werden sie als „Snake oil sales“ (Quacksalber Jobs) abgetan, vom auftraggebenden Management dagegen wohlwollend bis bewundernd aufgenommen.
Das Geschäft der General Management Beratung ist ein sehr persönliches. Enge Beziehungen mit CEOs sind von ausschlaggebender Bedeutung. Das zeigte sich exemplarisch mit Rainmakers; das sind Büro-/ Länderchefs, die als Akquisiteure und „Mr. McKinsey“ einen überragenden Ruf haben. In Deutschland war es Herbert Henzler(10), in der Schweiz Lukas Mühlemann(11), in Kanada Dominic Barton, usw. Keine andere Beratungsfirma hat einen annähernd vergleichbaren Stamm an Rainmakers; sie sind natürlich heimliche Spitzenverdiener.
Rekrutierung
McKinsey sucht und zieht schon immer Top-Calibre-Abgänger der Harvard Business School, der Ivy-Universities, von Chicago und Stanford an. Rhodes-, Baker-, Marshall-Stipendiaten sind in großer Zahl vertreten. Der Selektionsprozess ist rigoros.(12) In Deutschland haben nicht wenige ein Fulbright-Stipendium, sind von der Studienstiftung des deutschen Volkes gefördert, waren Mitglieder der Bayerischen Eliteakademie. Eindrucksvolle Zeugnisse und Referenzen sind normale Voraussetzung für die Aufnahme in den Auswahlprozess. Eine Aufnahme anderer Art absolvieren wohl Kinder großer Familienunternehmer, von Konzernchefs, bekannte Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik. Die Namensliste ist beeindruckend: Franz, Blessing, Klatten, Mohn, Springer, v. d. Leyen, Herrhausen u. a. In einigen Fällen genügten schon Praktika. Diese „Praxiserfahrung“ wird im Curriculum aufgeführt und McKinsey nimmt sie als Referenz anerkennend zur Kenntnis.
Pre-Recruiting mit dem Ziel, vor und während des Studiums aus einem großen Kreis hoffnungsvolle Aspiranten ausfindig zu machen und zu coachen, hat sich bewährt. Der „Next CEO-Wettbewerb“ (sic) war ein solches Format. Campus ist die Alpine University in Kitzbühel, in deren Einzugsbereich nicht wenige Alumni ihre Wohnresidenzen haben.
Beratung
Professionalität ist Anspruch und Versprechen. Eingelöst wird es im Allgemeinen mit einer Fülle von Interviewergebnissen, schriftlichen Befragungen, Literaturrecherchen, Auswertungen vor allem eigener Datenbestände und Firmeninformationen, Modellrechnungen/Simulationen. Beeindruckend ist die Aufbereitung in Form voluminöser Power Point und Visual-Kollektionen einer Story-line folgend.
Das alles ist tausendfache Praxis. Zu dieser gehört das Kopieren und Abändern von Lösungen. Der passende Kommentar eines Erfahrungsträgers: „.. left them with a product that was developed at other clients ‚and xeroxed ….“; oder beispielsweise nach einem Konzern-Einkaufs-Projekt einigen wichtigen Lieferanten gut informierte Unterstützung anzubieten. Die Praxis des Learning on the Job wird von Erfahrungsträgern des Klienten kritisch gesehen, wenn MBA-Youngsters bzw. Management-Azubis sich erstmals mit einer Branche, Firma, Problem vertraut machen müssen, aber nach einem internen Schnellkurs mit großer analytischer und konzeptioneller Überlegenheit aufwarten. Die Geringschätzung von Erfahrungswissen ist üblich. Was zählt sind Fakten - in Zahlen ausgedrückt wirken sie nach Erkenntnissen der Kognitionsforschung überzeugender - wie immer sie ausgewählt und kombiniert werden.
Placement
Immer häufiger wird McKinsey als Management-Placing Agentur gesehen. An Belegen fehlt es nicht. Allein im Falle von Siemens wurde Edward Krubasik der erste Quereinsteiger in den Zentralvorstand mit Hilfe des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Hermann Franz, dessen Sohn und Schwiegersohn bei McKinsey beschäftigt waren, und der ein enges Verhältnis zum früheren Siemens-Betreuer Henzler pflegte. Der zweite Quereinstieg betraf die McKinsey-Alumna Barbara Kux, die eine Serie von Job-Hoppings vorzuweisen hatte. Diese Bestellung wurde als neue Aufgeschlossenheit von Siemens für Frauen in Top-Positionen ausgegeben. Vergleichbare Personal-Platzierungen gab es zuhauf im Bankensektor, sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz.(13) Grobe Regel ist, dass nach der Bestellung eines McKinsey-Mannes (bisher keine Frau) als CEO mindestens ein weiterer „Meckie“ in den Vorstand berufen wird und weitere meist in verschiedenen Zentralstellen untergebracht werden. Die Allianz ist mit dem ehemaligen Hausberater Oliver Bäte an der Spitze das Paradebeispiel der „McKinsey-fizierung“ des einstigen Sachwalters der Deutschland AG.(14)
Networking
Aufgrund der up and out-Regelung verlassen jährlich mehr als tausend Berater das Unternehmen und werden Teil des Alumni-Netzwerkes, das auf 35 Tausend Mitglieder angewachsen ist, das weltweit größte privatwirtschaftliche Netzwerk. Auf lebenslange Verbundenheit - einmal Meckie immer Meckie - wird großer Wert gelegt. Das Netzwerk hat sich als der wichtigste Generator für das Geschäft herausgebildet; es ist ein wenig sichtbares Asset.
McKinsey unterhält eine enge Verbindung zur Harvard Business Review, sponsert seit 1959 den jährlichen McKinsey-Award für den herausragenden Beitrag. In Großbritannien wird von der Financial Times und McKinsey der „Business Book of The Year Award“ vergeben. In Deutschland ist McKinsey regelmäßig in diversen Jurys vertreten: bei der Auslobung des „Manager des Jahres“(15)(meist zusammen mit Goldman Sachs) durch das Managermagazin und der Auszeichnung für das Lebenswerk („Hall of Fame“). Das Unternehmen war und ist in vielen Beratungs- und Jury-Gremien vertreten. Eine Auswahl: Startup-Business Planwettbewerb, „Alle Talente fördern“, Mittelstand-Plus, Digitalrat (mit Katrin Suder als Leiterin)(16).
Die Netzwerkbildung war und ist insbesondere bei privatisierten Bundesbehörden überaus effektiv und wenig beachtet. Ein alter Fall von Überkreuz-Verflechtung: Klaus Zumwinkel als CEO der Deutsche Post und Aufsichtsratsvorsitzender der Deutsche Telekom; Schimmelmann als CEO der Postbank und Aufsichtsratsvorsitzender der Deutsche Post. Beispiel für ein akademisches Netzwerk zur Katholischen Kirche waren Thomas Mitschke-Collande als Stiftungsrat der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und Max Ringlstetter als Dekan der Wirtschaftsfakultät.
Beziehungsmanagement und Public Relations
Beachtlichen Aufmerksamkeits- und Beziehungseffekt haben pro bono-Aktivitäten. In Deutschland werden meist zusammen mit Großunternehmen und Medienunternehmen Programme initiiert und Sponsorship mit Sachleistung (Beratung) betrieben; das Geld schießen die anderen Sponsoren zu. Aktuell zählen dazu: ASHOKE (Soziales Entrepreneurship), „Chefsache“ (Gender Enhancement),“Teach first“ (Bildungsinitiative), „McKinsey for Children“ (Förderung benachteiligter Kinder), „start social“ (Wettbewerb zur Förderung sozialer Initiativen (17). Auffallend ist die fast flächendeckende Beteiligung deutscher Medien: ProSieben, Spiegel, Sat1, ntv, mm. wiwo, Deutsche Telekom, ZDF, Stern, HB/Holtzbrinck und Burda. Die löbliche Berichterstattung bringt McKinsey eine gut kalkulierte Image-Rendite. Neben diesen vor allem öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten führten McKinsey-Partner in Deutschland bis dato rund 100 pro-Bono-Beratungen durch. Deren Zweck ist eine wohlwollende Presse und eine gute soziale Vernetzung im Umkreis jeweiliger McKinsey-Büros.
Modische Methoden
McKinsey hat hauptsächlich Methoden und Tools, die an der Harvard Business School entwickelt und vermittelt wurden, abgewandelt und zu eigenen Beratungsprodukten gemacht. Solche ein Vorgehen hat mehrere Vorteile: Viele McKinsey-Berater sind vom Studium darin bereits versiert, der Schwerpunkt liegt bei quantitativen, finanzorientierten Methoden und Tools für einen ständigen Nachschub an Neuem ist gesorgt. Analyse-/ Beratungsprodukte mit Ursprung in der führenden Business School verleihen Gewicht.
Wichtige in der Wirtschaft angewandte Methoden waren und sind zum Teil:
- OVA (Overhead Value Analysis) mit der Zielrichtung des Abbaus des Mittelmanagements)
- Portfolio-Management mit der Grundannahme, Unternehmen als Portfolio von Geschäften und dem CEO als Asset Manager
- Value Analysis (Shareholder Value) mit der Maßgabe, Unternehmen umfassend und kurzfristig auf den Kapitalmarkt hin zu optimieren, einschließlich Aktienrückkaufprogramme zur Kurspflege und Anhebung der Top-Management-Boni
- Outsourcing/ Offshoring, Global Sourcing mit dem Ziel, Wertschöpfung kostenoptimal zu gestalten
- Asset Light, die Reduktion der Kapitalintensität und Hebelung des Eigenkapitals
- Benchmarking als universales Tool der Wettbewerbsorientierung und des Kopierens von „Best Practices“
- Risk Management, Asset Allocation, Leveraging
McKinsey hat kaum eigene Methoden entwickelt, aber erfolgversprechende freizügig übernommen, verfeinert und gebrandet. Viele hoch gepriesene Methoden haben sich abgenutzt und waren enttäuschend. Diverse Analyse- und Simulationsprogramme haben an Bedeutung gewonnen, vor allem Weiterentwicklungen von Klienten-Lösungen.
Fünf fragwürdige Behauptungen
Deren Richtigkeit steht seit drei Jahrzehnten immer mehr in Frage. Das Verhalten Einzelner, von Büros, und zum Teil von McKinsey als Firma steht nicht im Einklang mit den einschlägigen Behauptungen. Das sind im Wesentlichen:
1. “To help our clients make distinctive, lasting and substantial improvements in their performance and to build a great Firm that is able to attract, develop, excite and retain exceptional people.”
Dieser Anspruch ist übergroß. Für viele Klienten bleibt vor allem die Dauerhaftigkeit von Verbesserungen ein leeres Versprechen. Die Lösungen zielen im Allgemeinen auf kurzfristig finanzielle Ergebnisverbesserung und folgen häufig einem uniformen Schema. Die von McKinsey empfohlenen Kosteneinsparungen betreffen die große Zahl von Mitarbeitern und das mittlere Management. Das Top-Management wird ausgespart.
2. „Mission: Create Value“
Der Auftrag bezieht sich in aller Regel auf den „financial value“. Diese Einseitigkeit zeigt sich in den Lösungsansätzen: Kosteneinsparung, Leveraging, Risk-Optimierung, M&A. Die ausgeprägte Transaktionsorientierung lässt den Schluss zu, dass es um Skaleneffekte und um Value Extraction bzw. Unfair Advantages geht; also um Vorteile zulasten anderer Stakeholder. Übrigens: Unternehmerisch handelnde, innovative Klienten sind die Ausnahme.
3. „Profession – not Business“
Betont wird der edle Charakter des Tuns. McKinsey hat zwar als Profession begonnen, wurde aber in hohem Maße „Billing“-orientiert, die Partner/Teilhaber stark incentiviert. Dank des Prestigewertes und eines raffinierten Brand Management ist man der Preisführer der Beratungsbranche. Nach Schätzungen liegt die Gewinnspanne bei rund 30 Prozent. Noch ein Aspekt: Das Partnersystem profitiert von großen Einkommensunterschieden: z.B. zwischen Junior und Senior Partner beträgt die Differenz grob beim Dreifachen. (18)
4. “Client first, Firm second, Self third”
Dieses Gebot findet sich schon zu den Anfängen von McKinsey und wird allen Neuzugängen gepredigt.
Vorkommnisse, wie sie in diesem Beitrag unvollständig aufgeführt sind, widersprechen dem angeblich ehernen Grundsatz. Nationale und gemeinschaftliche Interessen spielen eine untergeordnete Rolle.
5. Absolute Vertraulichkeit – kein Transfer von Wissen und Erfahrung
Die allseitige Vertraulichkeit ist ein wichtiges, ständig wiederholtes, nicht nachprüfbares Verkaufsargument. McKinsey baut aber auf dem Austausch von Wissen über Unternehmen und Organisationen auf. Practice Groups zu Schwerpunktbranchen und zu Themen wie Risk Management, M&A, Operations sind darauf angelegt, möglichst viele Informationen und Erkenntnisse zu verwerten. Angebliche „Chinese Walls“ dürften keine hohe Hürde sein. Eine eklatante Verletzung der Vertraulichkeit wurde v.a. mit der Causa „Gupta“ (Vermittlung von Insiderwissen aus Beratungsprojekten für einen Hedgefonds) bekannt. Die Ausrede vom Einzelfall mag nicht überzeugen.
Klienten werden immer vertraglich verpflichtet, keine Informationen im Zusammenhang mit einem Beratungsprojekt weiterzugeben, ist ein cleveres Schutzelement für McKinsey.
Fragwürdige Geschäfte und Performance
Erfahrungen zeigen, dass bekannt gewordene Problemfälle in Großorganisationen meist nur die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs sind. Warum soll diese Erfahrung auf McKinsey gerade nicht zutreffen? Die „Flops & Duds“ McKinseyberatener amerikanischer Konzerne ist lang und prominent: AT&T, American Express, General Motors, GE, K-Mart, Time Warner, All State Insurance. Prominentester Fall der Schweiz war Swissair, in Belgien Nethys. (Auf Deutschland wird noch eingegangen).
In die Kategorie Worst Practices fallen die Unternehmen Enron, Valeant und Purdue Pharma.
Enron galt als die Schöpfung von McKinsey („The Firm that built Enron“). Aus einem Versorgungsunternehmen für Gas wurde eine Broker Organisation bzw. Handelsplattform für Energy, Commodities, Services. Das Geschäftsmodell des “atomizing” von Branchenstrukturen wurde als Managementinnovation im McKinsey Quarterly groß herausgestellt. Mastermind war COO Jeff Skilling, zuvor McKinsey Partner und Key Accounter (“fucking smart”). Enron ging 2001 in die bis dato größte Insolvenz, der Wirtschaftsprüfer Andersen verschwand, McKinsey entkam auf mirakulöse Weise.
Valeant Pharma erhielt den Ruf als “The Enron of Pharma”. Das zeitweise höchstkapitalisierte kanadische Unternehmen(19) wies alle Merkmale eines gehypten, manageristischen, mit dem reichen Fundus an McKinsey-Verschreibungen behandelten Unternehmens auf. Dazu zählten nebst Financial Engineering, Reverse Merger die Umwandlung in ein Vertriebsunternehmen (radikaler Abbau von FuE), über 100 Akquisitionen (Rollup-Strategy) und extreme Preisaufschläge bei Medikamenten, von denen Patienten existenziell abhängig waren. CEO war der frühere McKinsey Director und Pharma-Spezialist Michael Pearson. Bei der Transformation zu einem auf Pharma spezialisierten Hedge Fund war McKinsey mit von der Partie. Valeant verlor rund 90 Prozent des Börsenwertes, seinen Namen, löste sich zum größten Teil auf und firmiert nun unter Bausch Health.
Der dritte Fall ist Purdue Pharma, das mit dem abhängig machenden Schmerzmittel OxyContin ein desaströses Ende genommen hat. Das skandalöse Verhalten wurde als „Crime against humanity“ gescholten. Für McKinsey summierten sich Strafzahlungen und Rechtskosten auf über 700 Mio. USD. Das ist die erste veritable Gewinneinbuße.(21)
In den USA ist die Firma in einigen Bundesbehörden stark engagiert, so bei ICE (US Immigration and Custom Agency). Die Beauftragung soll McKinsey selbst als „Organisational Transformation“ definiert haben. Nach Bekanntwerden von Vorschlägen zur Vergrämung von Migranten u. a. durch unzureichende Essensrationen zog sich McKinsey aus diesem Bereich zurück.
Ein von McKinsey bis 2010 nicht bearbeitetes Beratungssegment sind Insolvenzfälle. Hier kam es zu einem langwierigen Rechtstreit mit dem Sanierungsspezialisten J. Alix, der McKinsey gravierende Interessenskonflikte vorwarf, insbesondere mit Bezug auf Anlagen des Pensionsfonds. McKinsey verzichtete auf Beratungshonorare und zog sich zurück.
In nichtwestlichen Ländern unterhält McKinsey wenig bekannte, doch viele Geschäftsbeziehungen zu problematischen Klienten, die nicht selten in Skandale mündeten. In Saudi-Arabien wurde McKinsey in Verbindung mit der Überwachung von Regimegegnern gebracht, in Südafrika in einen großen Korruptionsskandal mit dem größten EVU Eskom verwickelt und war zur Rückzahlung von Honoraren gezwungen.(22) Problematische Aufträge wurden in den Ländern Malaysia, Ukraine, Russland, Türkei und zahlreichen Ölstaaten ruchbar. Vor dem Hintergrund der sich verschärfenden geostrategischen Rivalität zwischen den USA und China sind Auftragsbeziehungen mit gut 20 chinesischen Staatsfirmen und die auffällige Belobigung der Initiative „Neue Seidenstraße“ bedenklich.(23)
Offen bleibt, inwieweit amerikanische Politikinteressen berührt sind oder gar verletzt werden. Es kann vermutet werden, dass in erster Linie strategische Unterstützung zur Erschließung des amerikanischen und europäischen Marktes beigesteuert wird. Sicher ist, dass das Eigeninteresse vor berechtigten Einwänden rangiert, autoritäre Staaten mit ihren abhängigen Unternehmen aufzuwerten und ihnen ansonsten verschlossene Zugänge zu Kapital und Märkten zu verschaffen und Sanktionen abzuwenden bzw. zu umgehen. Der Prestigewert von McKinsey wird eingepreist - und McKinsey profitiert unverhältnismäßig. Die Frage von Loyalität und die Verantwortung als Good Citizen stehen im Raum.(24) Inwieweit Auftragsverhältnisse mit Verteidigungsministerien, Justizministerien, militärischen, polizeilichen Organisationen in vielen Ländern mit dem vorgeblichen hohen ethischen Standards vereinbar sind, ist mehr als fraglich. Und warum Politikverantwortliche in Berlin, Brüssel, Washington sich arglos geben, hat wohl mit einem nicht gerechtfertigten Vertrauensvorschuss zu tun.
Zum Rückzug aus dem ICE-Programm erklärte der Managing Director Kevin Sneader 2018 bestimmt: “McKinsey will not, under any circumstances, engage in work anywhere in the world that advances or assists policies that are at odds with our values.”(25) Bleiben die Fragen: Welche Werte?, In welchen Staaten?
„The German Republic of McKinsey”
Während der letzten 40 Jahre war Deutschland für McKinsey der zweitwichtigste Umsatzträger und zeitweise Renditeprimus neben der Schweiz.(26-27) Zur Zeit sind 15 „Meckies“ Vorstände in den Dax-30 und weitere 15 in der Leitung von Großunternehmen und Finanzinstituten.
Rund 200 „Meckies“ scheiden pro Jahr aus und kommen zum größten Teil in der Wirtschaft unter. Von einer „McKinseyfizierung“ zu sprechen, war bereits vor mehr als 10 Jahren angebracht.(28)
Der Bankensektor wies in Deutschland (und in der Schweiz) die höchste McKinsey-Dichte auf, als Klienten und in der Besetzung von Leitungsfunktionen. Die ersten und dauerhaftesten Klienten waren Finanzinstitute. Zu nennen sind die Landesbanken, vorneweg die Nord/LB(29) - und WestLB, HypoVereinsbank, auch die Deutsche Bank und im Besonderen die sich als „Mittelstandsbank“ bezeichnende Commerzbank. „Meckies“ in der COBA waren bzw. sind Blessing, Chromik, Mandel, Orlop im Vorstand und zahlreiche in der „Strategie“, im Controlling, im Risikomanagement. Bei diesem Grad der Beratung und Besetzung kann gefragt werden, warum die Mitwirkung von McKinsey bei dieser mit Steuergeldern aufgefangenen, immer noch in Teilbesitz des Bundes befindlichen Bank so wenig Aufmerksamkeit erfährt. Die Entwicklung der Commerzbank ist seit vielen Jahren ernüchternd. Die im internationalen Vergleich intensiv beratenen Banken weisen eine anhaltende Minderleistung auf. Deutschland als größte europäische Handels- und Industrienation verfügt über den vergleichsweise schwächsten Bankensektor. Eigentlich schon längst ein Grund, den Schwächen auf den Grund zu gehen.
In der Industrie war McKinsey in nahezu allen Branchen aktiv. Sehr kritisch zu sehen ist die Rolle bei Hoechst. Die von McKinsey propagierte Spezialisierungsstrategie leitete die Auflösung des Konzerns ein. Bei Daimler war das Beratungsunternehmen maßgeblich an der Weltstrategie beteiligt, die zu dem Mega-Merger (zusammen mit Goldman Sachs) führte und nach wenigen Jahren immense Abschreibungen nach sich zog.(30)
Der erste und 20 Jahre lang bedeutendste Industriekunde – danach abgelöst von Daimler und vor allem der Post - war Siemens mit einem geschätzten Honorarvolumen von rund 400 Mio. Euro. Die enorme Summe wirft die Frage auf, wie man das viele Geld anderweitig hätte verwenden können: z.B. als Zukunftsaufwand für ein Forschungs- und Entwicklungszentrum mit rund 100 Leuten.
Von den zahlreichen Projekten mit McKinsey ist das großangelegte „World Class“ zur Neuaufstellung des Kommunikationsgeschäftes hervorzuheben, weil es das umfassendste Turn-around-Programm war. Der Niedergang der Kommunikationstechnik wurde nicht aufgehalten. Siemens verabschiedete sich unter dem McKinsey-affinen Kurzzeit-CEO Klaus Kleinfeld(31) ohne großes Aufsehen von seinem Traditionsbereich. Das Beratungshonorar floss in voller Höhe McKinsey zu.
Wenig beachtet wurde ein Performancevergleich der zwei Komponentenbereiche HL (Halbleiter) und PR (Passive Bauelemente). Während HL unter der Leitung des glamourösen Ulrich Schumacher und intensiver Einbindung von McKinsey eine durchwachsene bis missliche Entwicklung nahm, erlebte PR/Epcos unter der Führung des McKinsey-aversen Klaus Ziegler einen beachtlich konstanten Aufschwung. ´
Bei Siemens kam es zu zwei bemerkenswerten Quereinstiegen von McKinseys in den Vorstand.(32) Deren Performance erfüllte nicht die Erwartungen, doch profitierten alle Vorstände von der Anhebung der Vergütung aufgrund der notwendigen Anpassung an das McKinsey-Niveau.
Mehrere in die Industrie gewechselte McKinsey-Partner/Directoren, namentlich Zumwinkel, Kluge(33), Claassen(34) schieden vorzeitig aus. Als McKinsey-Domäne erwies sich die privatisierte Post. Die CEO-Posten gingen an „Meckies“, mehrere Vorstandsposten wurden desgleichen besetzt. Dasselbe trifft auch auf die Leitung der Post in der Schweiz(35) und Österreich zu, so dass von einer transnationalen McKinsey-Post Connection die Rede sein kann.
Nach der umfangreichen Tätigkeit bei der Treuhand(36) wurde McKinsey als Berater der öffentlichen Hand zunehmend aktiv. In der jüngeren Vergangenheit errang McKinsey Serienaufträge der Bundesanstalt (später Bundesagentur) für Arbeit in der Größenordnung von 200 Mio. Euro, wobei nicht ausgeräumte Interessenskonflikte entstanden sein sollen. Ein weiteres Füllhorn war die „Flüchtlingskrise“ von 2015/16. Dazu wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) im Schnellverfahren Aufträge in der Größenordnung von 45 Mio. Euro an McKinsey vergeben.(37) Die Wirksamkeit der Beraterleistung wurden in Zweifel gezogen, die Honorarverrechnung warf Fragen auf. Ein weiteres großes Betätigungsfeld bot sich im Verteidigungsministerium mit der als McKinsey-Direktorin übergewechselten Staatssekretärin Suder. Ihr und ein weiteres Beschäftigungsverhältnis sowie die intransparente Beteiligung von McKinsey – oft über Unterbeteiligung (wegen der Vergabeordnung) wurden von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss kritisch gewürdigt. Nach Weggang der bekannt McKinsey-freundlichen Ministerin nach Brüssel wurde das Beraterverhältnis lose.
Die Bilanz: hypertroph, gemeinwohlschädlich
Eine Organisation ist hypertroph, wenn sie über die Maßen gewachsen und an vielen Stellen überdehnt ist. Auf McKinsey trifft eine solche Beschreibung zu, nicht nur bezogen auf das Wachstum an Personal und Umsatz, vielmehr auf den Werteverfall („Atrophy of Values“) der letzten dreißig Jahre eines einstmals unbescholtenen Beratungsunternehmens. Die Ursache ist schnell gefunden: Es ist die Habgier/-sucht („Greed“), die sich auf die hohe Vergütung bezieht, die den Zutritt zum Klub der Millionäre(38) freigibt und das unersättliche Streben nach Macht und Einfluss sich ständig gegenseitig überbietender Partner/Teilhaber. Die hohe Incentivierung wirkt als Potenzmittel.
Über die Kosten von McKinsey wurde bereits viel gesagt. Den Betroffenen, nämlich den Mitarbeiten in Wirtschaft und Staat wird die Kenntnis des exorbitanten Aufwandes absichtlich vorenthalten, - wird er bekannt, kommt das Gefühl grober Ungerechtigkeit auf. Die Folgen sind Demotivation und innere Kündigung. Diese Begleitkosten eines McKinsey-Engagements sind verursachungsgerecht den Honoraren zuzuschlagen – und mittelbar dem Managementaufwand, den Total Costs of Management (TCM) zuzurechnen.
Bei Interessenskonflikten werden gebotene Schranken abgeräumt, Klienten in Abhängigkeitsverhältnisse gedrängt und umsorgt, einflussreiche Personen mit Gefälligkeiten wie der Anstellung ihrer Kindern oder Praktika bedacht, der Sitz des Pensionsfonds in eine Steueroase(39) verlegt. Auf der einen Seite wird das ganze Spektrum eigennütziger Machenschaften ausgeschöpft; auf der anderen Seite werden öffentlichkeitswirksame pro bono-Projekte aufgelegt, um den Eindruck des Eintretens für gute Zwecke zu erwecken. Perfektionierte Doppelbödigkeit und Smartness?
Das folgende Resümee eines Erfahrungsträgers hat seine Berechtigung: „Most management consulting is as unnecessary as the management that commissions it.” Sind branchen- und fachkundige, unternehmerisch ausgewiesene Manager auf eine General Management und Strategieberatung angewiesen? Die Antwort fällt nicht schwer. Und wenn eine solche Hilfe in Anspruch genommen wird, stellt sich im Nachhinein die Frage, ob die Ergebnisse ausreichend neu, ausgewogen, fundiert sind - und, ob sie das große Geld wert sind.
Aus vielen Befragungen, Beobachtungen und eigenen Erfahrungen mit Beratungsprojekten bei Siemens kommt man zum Schluss, dass der größte Teil der „Studien“ nicht erkenntnisreich, sogar entbehrlich ist. Der Nachweis, dass Geschäfte durch diese Form allgemeiner Managementberatung notabene nicht Fachberatung – gestärkt wurden, ist nicht erbracht. Es lassen sich viele Fälle anführen, in denen die Beratung teuer war und geschadet hat. Neben dem „Cost cutting“ und der Strategie betätigte sich McKinsey vermehrt als Katalysator manageristischer Praktiken und als Helfer des Investor/Finanz-Kapitalismus. Das zeigt der stark gewachsene Anteil an Klienten aus dem Finanzbereich (Private Equity, Hedgefonds, Anlagehäuser). Die Bevorzugung der Nominalwirtschaft erklärt sich zum Teil mit der MBA-Überzahl unter den Beratern.
McKinsey wurde zu einem ausdauernden Förderer von „Größe“ (Bigness) von Unternehmen und Konzentration. Dieser Trend erhält im nationalen und internationalen Bereich immer neue Impulse – im Zusammenwirken mit Investmentbankern und weiteren Playern des Parabusiness (Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Lobbyisten)(40). Ein weiterer Trend ist die Uniformierung des Managements entlang amerikanischer Methoden, Praktiken und einer opportunistischen Unternehmensethik. Ergebnis ist der sichtbare Verlust an Diversität der deutschen Wirtschaft.
Angesichts der Performance intensiv beratener Branchen/Unternehmen und den sichtbar gewordenen Fehlleistungen, Skandalen ist die Antwort auf die Frage „Braucht es McKinsey?“ in Wirtschaft und Staat ein eingeschränktes Nein.
Bleibender Kollateralschaden für die Gesellschaft
Das Wirken von McKinsey in der Wirtschaft bleibt nicht ohne Folgen für Gemeinschaft und Gesellschaft. Die gravierendste ist die Auflösung der Mittelklasse bzw. die Spaltung der Gesellschaft in eine Elite(41) („fat & mean“) und den „beklagenswerten“ Rest, die Verwandlung in eine „McKinsey-Gesellschaft“ (Gabor Steingart), eine Ökonomisierung aller Lebensbereiche. Erziehung, Bildung, Medizin und Pflege erfahren eine Entidealisierung. Schüler, Patienten werden zu Kunden; Lehrer, Ärzte und medizinische Kräfte zu Leistungserbringern bzw. Funktionsträgern. Erziehung und Ausbildung werden „funktionalisiert“, verlieren ihren inneren Wert. Wasser, Land, Landwirtschaft werden reinem Nutzendenken unterworfen. Alles in allem, eine unheilvolle Entwicklung.
Das Gemeinwohl wird zum eigenen Nutzen ausgehöhlt, indem auf Kosten der Allgemeinheit ausgebildete Talente von Hochschulen ausgenutzt und mit dem Versprechen gelockt werden, den Quereinstieg in die Wirtschaft zu verschaffen. Die Beschäftigung bei McKinsey kommt einem Leben in der Blase gleich. Karriere wird zum Lebensinhalt und zur ständigen Konkurrenzierung mit den Spätfolgen fehlender sozialer Einbindung und häufigem Scheitern im Privaten.
Nach Abwägen der Vor- und Nachteile des Wirkens kommt man unweigerlich zum Schluss, dass McKinsey kein Good Citizen (mehr) ist. Manche gehen soweit, die Firma einen „incubator for crooks“ zu nennen. Der Nachweis, dass Smartness hellsichtig gegenüber dem eigenen Vorteil, aber blind gegenüber Charakter und Werten macht, wird immer von Neuem erbracht. Abschöpfung der Wirtschaft und Erosion der Demokratie sind Gefahren, denen mit Nachdruck entgegen zu wirken ist.
Was soll zur Eindämmung der McKinsey-fizierung unternommen werden? Naheliegende Maßnahmen, zugegeben schwierige sind: keine „Meckies“ als Quereinsteiger einstellen, von aufwendigen Beratungsprojekten absehen und endlich Öffentlichkeit bei mit Steuergeldern Finanziertem herstellen. Aufsichtsräte in Unternehmen und Kontrollgremien sollten verpflichtet werden, genau hinzusehen, insbesondere was die Nebenwirkungen und Langzeitfolgen betrifft. Überhaupt sollten Aufsichtsräte nicht mit ehemaligen McKinsey-Leuten besetzt werden, um dem Beratungssyndrom vorzubeugen. Und der Mittelstand sollte sich gegenüber Avancen von McKinsey resistent verhalten.
Auf die zweite Frage zu Beginn zurückkommend bleibt festzuhalten, dass es für die Gesellschaft besser wäre, McKinsey gäbe es (in der heutigen Form) nicht.
QUELLEN UND LESENSWERTES (AUSWAHL)
Daniel Markovits: “How McKinsey destroyed the middle class“, Atlantic, Feb. 2020
Duff McDonald: The Firm: The Story of McKinsey and Its Secret Influence on American Business, 2013
David J. Berardinelli: From Hands to Boxing Gloves, 2008
How McKinsey Lost Its Way in South Africa, June 26, 2018 (with Comments)
How McKinsey Has Helped Raise the Stature of Authoritarian Governments, Dec. 2018
McKinsey faces its moment of reckoning, Quartz, March 2021 The (Real) Dark Side of Management Consulting, www.think-boundless. com
The many times McKinsey has been embroiled in scandals, Feb. 2021 https://www.trtworld.com/magazine/the-many-times-mckinsey-has-been-embroiled-in-scandals-43996
Walter Kiechle III: The Lords of Strategy, 2010
Wie McKinsey zur Skandalfirma wurde, 6/2021
Scandal-Plagued McKinsey Ousts Leader, Feb.2021
Der Bund der Mackies: Wie McKinsey-Alumni das deutsche Banking steuern, 6/2016
Beiträge unter Managerismus (www.managerismus.com)
- Die McKinsey-fizierung der Republik – Einsichten Nummer 4
- McKinsey – die Insider-Company – Denkschrift Nummer 9
- Die Wucherung des "Parabusiness"– Denkschrift Nummer 21
- Para-Government - Zum problematischen Verhältnis des Staates zu externen Beratern – Denkschrift Nummer 22
- Moden & Methoden der Top-Management Consultants – Denkzettel Nummer 2
ANMERKUNGEN
(1) Der Name McKinsey stammt vom Gründer James, O. McKinsey, Accounting-Professor in Chicago. Nach dem Ableben 11 Jahre nach der Gründung, spaltete sich die „Accounting and Management“-Firma in zwei Teile, mit den beiden Partnern A.T. Kearney und Marvin Bower. Ersterer verlegt sich mehr auf das „Industrial Consulting“ mit erfahrenen Beratern, während Bower McKinsey & Co in Richtung „Financial Consulting“ mit Abgängern von Business Schools entwickelte.
(2) z.B. in der Vergangenheit GE und (danach) Siemens auf dem Gebiet des Portfolio-/Strategischen Management.
(3) Der deklarierte Zweck von MGI: “to help leaders in the commercial, public, and social sectors develop a deeper understanding of the evolution of the global economy and to provide a fact base that contributes to decision making on critical management and policy issues.”
(4) McKinsey tat sich noch als Spezialist für aggressive Verschreibungspraktiken von Purdue Pharma hervor, als die grob schädlichen Wirkungen von OxyContin schon bekannt waren. Mehrere diesbezügliche Partner/Berater wurden/haben sich still „aus dem Verkehr“ gezogen.
(5) Motto einer Partnerkonferenz
(6) Beispiel: Eine Akquise-Präsentation (Studie) für Siemens zu Innovation wurde als „Wake-up Call“ (sprich Weckruf für Siemens) überschrieben.
(7) Bei Wikipedia heißt es: McKinsey set up "accelerators" in the 1990s, where the firm accepted stock-based reimbursement to help internet startups; the company performed more than 1,000 e-commerce projects from 1998 to 2000 alone. Das enttäuschende Resultat bleibt unerwähnt. Einseitigkeit bzw. Lückenhaftigkeit bei McKinsey-Topics und Personalia fallen bei diesem Internet-Lexikon auf.
(8) Beitrag in der Harvard Business Review von 2011: „… that called on business leaders to reform the capitalist system by fighting “the tyranny of short-termism.” Barton brachte diese Erkenntnis von seiner Tätigkeit in Südkorea mit.
(9) Zum ersten Mal in den 1950er-Jahren bei der Luftlinie PanAm.
(10) Henzler galt als der effektivste Netzwerker mit der legendären „Similaun-Seilschaft“, die mehrere CEOs von Dax-Konzernen (v.a. Schrempp, Reitzle, Weber) vereinigte. Er hatte eine besondere Begabung zum story telling und name dropping.
(11) Mühlemann wurde nachgesagt: „wo er wirkt, bleibt nichts wie es war.“ Die Credit Suisse und die mit ihr verbundene Winterthur-Versicherung haben trotz intensivster Beratung durch McKinsey und Leitung durch McKinsey-Alumni eine beachtliche Underperformance vorzuweisen. Sein Credo: …“von einer „Mission, deren Ziel es ist, den Klienten zu einer nachhaltigen Verbesserung der Leistung zu verhelfen.“ Das Ergebnis dagegen war alles andere als „nachhaltig.“
(12) Im Allgemeinen wird nur jeder 50-100. Bewerber eingestellt
(13) Unter dem CEO der Credit Suisse, dem McKinsey-Alumnus Markus Mühlemann, wurde Henzler Co-Chairman und Relations Man zu deutschen Konzernen.
(14) Die Zahl der „Meckies“ im Vorstand der SE und Leitung von Tochtergesellschaften ist beeindruckend: Günther Thallinger (Investment Management), Markus Löffler (CTO), Jörg Hipp (Commercial Business , Thomas Wilson (Risk Management), Bernd Heinemann, Laura Gersch (vorher Assistenz und Büroleitung von Bäte).
(15) Diese unselige Prämierung wurde bei Managerismus mehrfach kritisiert. Im Nachhinein haben sich viele Auszeichnungen als fragwürdig-falsch erwiesen.
(16) Der Digitalrat der Bundesregierung wurde wegen seiner Tätigkeit „hinter verschlossenen Türen“ und dem Mangel an „Machern“ kritisiert, änderte jedoch seinen Stil nicht.
(17) Unter der Schirmherrschaft der Bundeskanzlerin.
(18) Die Vergütung von Senior-Partnern bewegt sich zwischen 2-4 Mio. USD.
(19) Siehe dazu: https://www.managerismus.com/themen/arbeitswelt/denkschrift-nr-33#haeufung-von-skandalen
(20) Siehe dazu: McKinsey - Ein vertrauenswuerdiges Unternehmen
(21) Diese hoch erscheinende Summe dürfte nur zu einer Reduzierung des Gewinns um 30 Prozent führen.
(22) Von der potentiellen Honorarsumme dieses Performance Contract von 700 Mio. USD floss ein großer Anteil an die korrupte Gupta-Gruppe (keine Beziehung zum exMcKinsey Managing Director). Die von McKinsey bezahlte Erstattung belief sich auf 40 Mio. USD. Die Zahlungsflüsse waren obendrein höchst undurchsichtig.
(23) Der frühere Managing Director Barton und jetzige Boschafter in China lobte die „Belt & Road Initiative“ ausdrücklich. Ihm wird in Kanada eine ausgeprägt prochinesische Haltung nachgesagt.
(24) Ein prominenter Vertreter des amerikanischen Außenministeriums kommentierte: „It is more likely they enable these regimes and likely become complicit.“
(25) McKinsey hielt 2018 ein spektakuläres, luxuriöses Partnertreffen in der Wüste in Nähe zur Region der Uiguren ab.
(26) Handelsblatt (10/07/14): „More and more German Companies are hiring former McKinsey Consultants.”
(27) Die Präsenz von McKinsey war bereits vor 25 Jahren beeindruckend. Neben Banken und Versicherungen waren Novartis, Migros u.a. Dauerklienten und später mit McKinsey-Alumni besetzt.
(28) Siehe dazu Einsichten Nr. 4: https://www.managerismus.com/themen/parabusiness/einsichten-nr-4
(29) Die allein bei der Nord-LB aufgelaufenen Honorare werden auf gut über 100 Mio. Euro geschätzt.
(30) Der frühere McKinsey-Partner Alexander Dibelius wurde im Zuge der Fusion Partner bei Goldman Sachs. Das Zusammenspiel der beiden großen „American Soft Power“-Player wurde kaum beleuchtet.
(31) Kleinfeld war bei Siemens zuerst Inhouse-Consultant, baute die Consultingaktivität nach dem Muster von McKinsey massiv auf, pflegte ein enges Verhältnis zu McKinsey. Zuletzt schaltete er als COO und danach als Chairman McKinsey für das NEOM-Projekt ein, das gigantische Wüstenstadtprojekt in Saudiararbien.
(32) Director Edward Krubasik war zuvor Siemens-Accounter. Barbara Kux wurde von den Medien als Diversity Beitrag mit Vorschusslorbeeren bedacht. Der Plan, einen der größten Einzelaufträge an McKinsey zu vergeben, kam aufgrund interner Einwände nicht zustande.
(33) Prof. Dr. Jürgen Kluge war von 1999-2006 Leiter des McKinsey Büro Deutschland, dann gut zwei Jahre Vorstandsvorsitzender von Haniel, seither freier Unternehmensberater. Aufgefallen ist er mit Einsichten zur Bildung (auch frühkindlichen) und einer zeitweisen Nähe zur Bundeskanzlerin.
(34) Prof. Dr. Utz Claassen weist eine wechselvolle Karriere auf: McKinsey, Ford, VW/Seat, Sartorius, ENBW, Solar Millenium, Syntellix. Auffallen erregten vor allem Streitfälle bei vorzeitiger Auflösung von Anstellungsverträgen und seine Fußball-Engagements. Veröffentlichungen (v.a. „Wir Geisterfahrer. Wir denken falsch. Wir lenken falsch. Wir riskieren die Zukunft unserer Kinder; Unbequem. Konsequent erfolgreicher als andere“) weisen auf ein überschießendes Maß an Selbstdarstellung. Die Charakterisierung in Wikipedia ist unvollständig-vorteilhaft.
(35) Roberto Cirillo. „CEO Swiss Post, Board member and business leader with a passion for growth and transformation“ (mit zwei McK-Alumni als Vorstände). Die Neubesetzung der Leitung soll durch eine “Edge-out”-Taktik vorangetrieben worden sein.
(36) Privatisierte Unternehmen der Treuhandanstalt THA), die von ehemaligen „Meckies“ übernommen und neu ausgerichtet wurden, endeten unrühmlich. Im Vorstand der THA war Ex-McKinsey Partner Wolf Klinz im Vorstand, weitere McKinsey-Leute in der Leitung von Direktoraten und in großer Zahl für den Prüfungsausschuss tätig. Ein Beispiel für eine Empfehlung: Unmittelbar vor Weihnachten sollte ein Betrieb für Staubsauger in die Insolvenz gehen und den Beschäftigten sofort gekündigt werden.
(37) Beim Angebot wurde auf entsprechende Vorerfahrungen von McKinsey in Schweden verwiesen.
(38) Der frühere McKinsey-Chef Gupta verfügte vor seiner Verurteilung zu einer langjährigen Gefängnisstrafe über ein Vermögen von rund 100 Mio. USD.
(39) MIO Partners Inc. Ist eine Tochter von McKinsey, die angeblich komplett vom Consulting-Geschäft getrennt ist. Pensionspläne und Wealth Management im Dienste der Company und der derzeitigen und ausgeschiedenen Partner sind der Unternehmenszweck. Die Steueroase ist Guernsey (UK).
(40) Die Einschätzung, dass McKinsey viele M&A, Fusionen anregt und daran beteiligt ist, ist plausibel, bedarf einer eingehenden Untersuchung.
(41) Lt. Aussagen von McKinsey Alumni: „Wer dazugehört, gehört in jeder Beziehung zur Elite.“; McKinsey gibt dir das Gefühl, zu einem Kreis von Auserwählten zu gehören.“